Vortrag „Die Kriegskunst der Samurai“ am 7. Mai 2019 in München

Begleitend zur Ausstellung „Samurai, Pracht des japanischen Rittertums“, fand am 7. Mai im Museum „Fünf Kontinente“ ein Vortrag mit dem Titel „Die Kriegskunst der Samurai in voller Rüstung“ inklusive Vorführung statt. Referent war Ōtsuka Ryūnosuke, Meister der Samurai-Kampfkünste. Andrang und Interesse waren sehr groß, sodass viele Besucher an den Wänden stehen oder in den Gängen zwischen den Stuhlreihen auf dem Boden sitzen mussten.

Der Referent Ōtsuka Ryūnosuke, Taira no Masatomo (大塚龍之介平政智), der als 7. Sōke der Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō vorgestellt wurde, steht als erster und einziger Nicht-Japaner,  in direkter Linie als offizieller Nachfolger des Gründers, einer traditionellen japanischen Samuraischule vor und ist weltweit für das Verbreiten ihrer Lehren verantwortlich. Der junge Mann in Samurairüstung  inspirierte durch Persönlichkeit und Werdegang. Vor etwa zehn Jahren sei er aus München nach Japan ausgewandert, um seiner Faszination für die Schwertkampfkunst und die Japanische Kultur nachzugehen und dort die Kriegskunst der Samurai zu studieren. Die Ausbildung in einer traditionellen japanischen Samuraischule habe ihn den tiefsten und umfassendsten Einblick in die japanische Kultur geboten, da dort neben der Kampfkunst, auch Philosophie, Spiritualität/Religion, Geschichte und Etikette vermittelt werden. Er wurde Uchi-Deshi von Ōtsuka Yōichirō Taira no Masanori, in dessen Shinmeikai-Dōjō in Tōkyō und wurde später als Ziehsohn zum 7. Oberhaupt der Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō ernannt. Im Moment betreibt er 15 Schulen weltweit.

Im Vortrag ging er insbesondere auf die Rüstung, die Waffen und die Kampfweise der Samurai ein. Dabei erklärte er den Sinn und die Funktionsweise der einzelnen Bestandteile der Rüstung und stellte ihre Weiterentwicklung in den geschichtlichen Zusammenhang.

Er beeindruckte durch sein umfassendes  Hintergrundwissen und seine Leidenschaft für die japanische Kultur. Die zahlreichen Fragen der interessierten Zuhörer wurden ausführlich und geduldig beantwortet. Er räumte dabei auch mit einigen Mythen auf: So wurde beim Seppuku nicht deshalb der Bauch aufgeschnitten, weil dort das energetische Zentrum, bzw. die Seele des Menschen liegt und auf diese Weise freigelassen werden soll. Er führte einen viel pragmatischeren Grund an, der mit der Bauweise der Rüstung zusammenhängt. Nach seinen Ausführungen geht die rituelle Selbsttötung Seppuku auf einen General im 12. Jahrhundert zurück, der nach einer verlorenen Schlacht seinen Feinden nicht in die Hände fallen wollte und sich daher selbst das Leben nahm. Um nicht erst aufwendig die Rüstung ausziehen zu müssen, hat er das Wakizashi (Kurzschwert) am Bauch angesetzt, da dort der obere Teil (Brustpanzer) und der untere Teil („Schürze“) der Rüstung lediglich mit flexiblen Fäden verbunden war und diese Schwachstelle somit die Möglichkeit bot, dort anzusetzen und sich durch das Durchschneiden der Aorta im Bauch relativ schnell das Leben nehmen zu können.

Im Anschluss an den Vortrag folgte eine Vorführung im Bogenschießen und Schwertkampf mit Katana und Bokken, wobei der Soke durch drei seiner Schüler unterstützt wurde. Die Formen mit dem Bokken waren eher einfach gehalten und mir aus dem Aikido, das ich seit 12 Jahren übe, bekannt.

Am Ende nahm sich Ōtsuka Ryūnosuke abermals viel Zeit für Fragen, zeigte auf Nachfrage sein Schwert und lud alle Interessierten in seine Schule ein. Es war ein spannender Abend mit einem jungen Mann, der einen beeindruckendem Lebenslauf und schier endloses Wissen über japanische Kultur darbot. Ich werde die Einladung eine seiner Schulen zu besuchen, auf jeden Fall annehmen. 

1. Internationales Herbsttreffen des «Freien AK» vom 26. – 28. Oktober 2018 in Wien, KOKORO DOJO

Dies war die Erkenntnis der Teilnehmenden der ersten Fortbildungsveranstaltung des «Freien AK Psychosoziale Kampfkunst» nach 3 Tagen intensiver praktischer wie theoretischer Auseinandersetzung mit dem Thema «Haltungsfragen im Kontext professioneller Nutzung von Kampfkunst»

Haltung ist …
eine bewegte Auseinandersetzung!

Die  Leidenschaft für die professionelle  Nutzung von Kampfkunst in  psycho/sozialer Arbeit und der professionellen Begleitung von Menschen verbindet jene Kampfkünstler/innen unterschiedlicher Disziplinen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, die sich vom 26. – 28. Oktober 2018 in Wien zum Austausch und gemeinsamer Bewegung von Inhalten zusammentrafen.

Die Diversität der Beiträge zeigte die Komplexität der Betrachtung in berührend-bewegender Weise auf. Jede persönliche Haltung ist vom eigenen Erleben und unseren Erfahrungen geprägt. Hinzu kommen noch die kollektiven Einflussfaktoren, wie Normen, Werte und Regeln unserer Gesellschaft, in deren Kontext wir leben.

Kampfkunst bietet, auf einzigartige Weise, die Möglichkeit, sich mit der eigenen Haltung und mit der Haltung der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Das Gefüge innerer und äusserer Haltung, ist  dabei das Tor, durch das wir unser Menschsein zum Ausdruck bringen. Menschliche Ganzheit ist dabei durch lebendige Harmonie im «Zusammenspiel «bedingt.

Kampfkunst bewegt Körper, Seele, Geist und ist ihrem Wesen nach  holistisch. Sie «beabsichtigt» und fördert daher auch eine ganzheitliche Sichtweise der Kampfkunst – Übenden  und wird so, zum unerschöpflichen «Schatz», der zur positiven Entwicklung des Menschen beitragen kann.

Als einführende Grundlage  und Basis zur Bearbeitung des Themas Haltung diente, die theoretische Ausseinandersetzung mit den Grundenergien der Wandlungsphasen nach TCM (Doris Nachtlberger [A]). Der Mensch in der Balance (Erde) steht hier verbindend zwischen Himmel(Feuer/Yang) und Erde (Wasser/Yin) und ist im Zustand optimaler Synergie seiner leiblichen Prozesse, im wiederkehrenden Wechselspiel der Grundenergien Holz und Metall ausgerichtet, wodurch sich erst die Bandbreite der Handlungsmöglichkeiten im Leben in voller Potenz eröffnet.

Nach der theoretischen Auseinandersetzung ,wurden  die Aspekte «Haltung  und Balance» auch über körperliche Stand- und -Flexiblitätsübungen  aus dem «Bambus QiGong» erfahrbar gemacht (Petra Wesselkamp [D]).

Der Samstag war im wesentlichen dem praktischen Transfer von Kampfkunstprinzipien in die professionelle psychosoziale Arbeit und Begleitung von Menschen gewidmet. Der Bogen spannte sich hier vom leidenschaftlichen Erzählen einer  Kampfkunstgeschichte – unter vollem körperlichen Einsatz – von Robert Artho [CH], dem Einsatz von Faust, Stimme,  Etikette (Werner Lussi [CH])  bis hin zum Schwert (Doris Nachtlberger [A]).

Werner Lussi  zeigte auf eindrückliche (körper-bewegungsorientierte) Art den (kampfkunst)pädagogischen Spielraum beim  Alltagsproblem «Grenzverletzungen» auf und eröffnete so die Bandbreite von der Grenzerfahrung zur Horizonterweiterung.

Bei den kontrastreichen praktischen Übungen mit «Schwert» exerzierte Doris Nachtlberger den pädagogisch Transfer im Umgang mit einer traditionellen Waffe vor und machte dabei deutlich, dass körperliche und mentale Haltung, zusammengehören und erst als Einheit, funktionelle Wirksamkeit (Qualität im Tun) begründen.

Als Gast durften wir die hochprofessionelle Yoga -Expertin Chiaradina begrüßen, die uns einen tiefen Einblick in die Haltung des «YIN YOGA» und derer energetischen – spirituellen Bedeutung leibhaftig eröffnete. Es war für alle eine bereichernde und zum Nachdenken/Nachfühlen anregende Einheit. Herzlichen Dank Chiaradina!

Der abschließende Input durch den Kinder- und Jugendanwaltes und Mobbing-Experten, Rupert Herzog (A), über «Kampfkunst – Grundhaltungen im Spannungsfeld zwischen Gewalt und Mitgefühl» rundete diese Fortbildungsveranstaltung ab. Am Beispiel eines (Gewalt)Präventionsprojektes in einer Jugendsportmannschaft mit kampfkunstpädagogischen Ansätzen, wurde noch einmal sichtbar gemacht, was pädagogische Beziehung an sich erfordert: VorbildwirkungVerantwortung, Leidenschaft und Respekt. Gleiches gilt für die Grundhaltung, die auch in den Kampfkünsten bei der Lehrer-Schülerbeziehung vorherrschen sollte. Inhaltlicher Schwerpunkt des genannten Projektes war, den jugendlichen Sportlern, Mitgefühl als Ausdruck von Stärke, erfahrbar zu machen.

Fazit:

Haltung ist eine bewegte Auseinandersetzung mit sich selbst und mit anderen Menschen…

Das erste Treffen des «Freien AK Psychosoziale Kampfkunst» war von einem Geist der Offenheit, freudvoller Kreativität, gegenseitigen Inspiration, Respekt und Achtsamkeit geprägt. Vieles wurde bewegt,  angestossen und vertieft.

Wir danken allen Teilnehmenden für ihre Präsenz, die geleisteten Beiträge und die produktive Zusammenarbeit und freuen uns auf die nächste Zusammenkunft!

DOMO ARIGATOU GOZAIMASU!